Ein Blick hinter die süße Fassade

Die 11. Jahrgangsstufe des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums erforschte das Rahmenthema Schokolade in wissenschaftlichen Teilgebieten. Bei einem „Abend der Wissen schaf(f)t“ wurden die Ergebnisse jetzt präsentiert.

Kronach- Rund unglaubliche 9,5 Kilo wandert davon jährlich in unseren Magen – Die Deutschen stehen im Schokoladenkonsum weit oben auf dem Treppchen. Im Rahmen einer Wissenschaftswoche näherten sich die Schülerinnen und Schüler der 11. Jahrgangsstufe des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums der zartschmelzenden Köstlichkeit einmal aus anderer, wissenschaftlicher Sicht. Zu Untersuchungs-Schwerpunkten, die sie vorher nach ihren Interessen aus den verschiedenen Fächern auswählen konnten, erarbeiteten sie Präsentationen ganz unterschiedlicher Art – von Referaten und Plakaten über eine lustige Talkshow und einem römischen Festmahl bis hin zu Podcasts und Erklärfilmen. Am Dienstag führten sie diese nunmehr ihren Angehörigen, Mitschülern der 10. Jahrgangsstufe sowie weiteren Interessierten bei einem dreistündigen „Abend der Wissen schaf(f)t“ in der Schule vor.

„Schon wieder Schokolade! Du hast Dich ja gar nicht mehr im Griff; du bist ja vollkommen süchtig!“ – Nach einem Schüler-Sketsch über eine Schokoladen-WG zum Einstieg, hatten die erfreulich vielen Besucher sprichwörtlich die Qual der Wahl; liefen doch aufgrund der großen Themenvielfalt jeweils zwei Vorträge in der Studiobühne und Mensa gleichzeitig. Die Entscheidung fiel schwer angesichts einer ganzen Palette an spannenden Schwerpunkten und unterschiedlicher Herangehensweisen, darunter chemische Analysen, Infos über Herkunft, Anbaumethoden, Ernte und Umweltaspekte der Kakao-Produktion, historische Hintergründe sowie wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragestellungen.

Ernste Blicke hinter die süße Fassade warfen die Präsentationen zu den Leitfächern Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Recht sowie Geschichte. Die Gruppe Politik und Gesellschaft verband Kakao mit dem globalen Weltproblem Hunger. In einem anschaulichen Erklärvideo zeigten die jungen Leute auf, wie Ernährungskrisen absichtlich herbeigeführt werden, welche Auswirkungen diese haben und was dagegen getan werden kann. Hunger, so ihr Resümee, könne – gezielt eingesetzt als Waffe – dazu dienen, ganze Bevölkerungen zu kontrollieren, Kriege zu gewinnen oder politische Ziele durchzusetzen. Sicher zeigten sie sich, dass ein so komplexes Problem wie Welthunger nur mit langfristigen Strategien, internationaler Zusammenarbeit und innovativen Ansätzen zu lösen sei. Eine nachhaltige Landwirtschaft, faire Handelsbedingungen und ein verantwortungsvoller Umgang mit den Ressourcen spielten dabei eine zentrale Rolle.

Kakaoproduktion auf den Rücken der Ärmsten

Jeder von uns könne dazu beitragen, die Welt ein Stück weit gerechter zu machen – Zu diesem Appell kamen auch die Geschichte- sowie Wirtschaft/Recht-Gruppen, die die Ausbeutung der Ärmsten bei der Kakao-Ernte darlegten. Dabei ging es um den Ursprung und das goldene Zeitalter der Schokoladen-Produktion, den massiven Sklavenhandel, die Abschaffung der Sklaverei und ihre Folgen sowie um moderne Sklaverei und ethische Herausforderungen. „Fair Trade Schokolade – ein gutes Geschäft?“, fragten die jungen Leute mit dem Leitfach Wirtschaft/Recht. Noch immer arbeiten über eine Million Kinder in der Kakao-Industrie in Ghana und in der Elfenbeinküste. Die großen Unternehmen versicherten zwar, sich um verbesserte Bedingungen zu kümmern und Kinderarbeit zu verhindern. Dies ist jedoch bislang nicht ausreichend gelungen. Fair Trade sei nicht nur ein Genuss, sondern auch ein Schritt in eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft – ohne Kinderarbeit und mit fairen Löhnen für Kleinbauern. Auch ein Wissensquiz hatten die Jugendlichen vorbereitet.

Ganz andere Ansätze verfolgten die Mathematik-, Physik- und die beiden Informatik-Gruppen. Die „Informatiker“ demonstrierten unter anderem, wie man Schokolade mit künstlicher Intelligenz erkennen kann. Auch Bilderkennung wurde angewendet, um Schokolade nach Sorte, Kakaogehalt und Qualitätssicherung zu differenzieren. Die „Physiker“ erkundeten das Geheimnis des zarten Schmelzes. Spannend die Erkenntnis, wie man mithilfe der Physik zur perfekten Schokolade mit dem richtigen Knack kommen kann und was Kristallstrukturen damit zu tun haben. Appetit auf Schokolade machten die „Mathematiker“ unter Anwendung des Unendlichkeitsparadoxon. Die Englisch-Gruppe beleuchtete „In English please“ die Unterschiede zwischen dem Film und dem Buch „Charlie and the chocolate factory“ („Charlie und die Schokoladenfabrik“).

Kreativ wurde es in den Vorträgen der Kunst- und Musik-Gruppe. Am Beispiel unter anderem von Thomas Rentmeister wurden Künstler vorgestellt, die aus Süßem wie Schokolade oder Marmelade Kunst machen. Bekannt ist Thomas Rentmeister insbesondere durch seine große, mit Nutella bemalte Leinwand in der Galerie Otto Schweins in Köln. Aber auch die jungen Leute probierten sich in dieser Art „wohlschmeckender“ Kunst, unter anderem mit Marilyn Monroe-Pop-Art-Portraits im Stil von Andy Warhol. Eine lustige Talkrunde verdeutlichte, wie die Werbe-Industrie Produkte durch die richtige Musik schmackhaft macht. Den ganzen Abend über waren Podcasts der Ethik-, Geschichte- und Geographie-Gruppe zu hören.

Einen heiter-lehrreichen Einblick in die faszinierende Welt der römischen Esskultur gab die Latein-Gruppe. Dabei konnten die Besucher in die einzigartige Stimmung eines römischen Festmahls eintauchen und erleben, wie, wo und mit wem die Römer ihre Mahlzeiten genossen; leckere Probierhäppchen inklusive. Aber auch sonst war an dem Abend für das leibliche Wohl aller Gäste bestens gesorgt – und das nicht nur mit Schokolade!

Am Ende bedankte sich das Quartett des fächerübergreifenden Projektmanagements bei der Hauptorganisatorin Katrin Reukauf, aber auch bei den anderen Lehrkräften, die so zahlreich interessante Themenbereiche angeboten hatten. Begeistert vom guten Gelingen dieser spannenden, abwechslungsreichen und kurzweiligen Premiere an ihrer Schule zeigte sich auch die Schulleiterin Claudia Metzner. hs

Bilder:

    • 1, 2: Den Einstieg Wissenschaftsabend bildete ein Schüler-Sketsch über eine Schokoladen-WG.

 

    • 5: Die Latein-Gruppe gab einen heiteren Einblick in die faszinierende Welt der römischen Esskultur.

 

    • 6: Die Kunst-Gruppe probierte sich in Kunst aus Schokolade.

 

    • 7: Die Politik-Gruppe zeigte auf, wie „Hunger als Waffe“ eingesetzt wird – so auch im Krieg gegen die Ukraine.

Heike Schülein