Ein „Pauker“ mit Herz

Gedanken zum Tod des ehemaligen Schulleiters des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums Dr. Hansjörg Müller-Velten (1937 – 2021)

Vor dem Schulleiterbüro am Kaspar-Zeuß-Gymnasium hängen – wie an vielen anderen Schulen – Portraits von würdigen Herren im feinen Anzug. Das Portrait von Dr. Hansjörg Müller-Velten erfüllt alle Anforderungen, sticht aber durch die nur ihm eigene Mischung aus vollkommen natürlicher Autorität und kluger Verschmitztheit hervor.

Jäger, Fischer und Angler

Im Büro sieht sich der aufmerksame Beobachter mit einem anderen Portrait konfrontiert: Der Biologe, Chemiker und Geograph bezeichnete sich selbst oft humorvoll als ‚Steinzeitmensch‘. Wie wir alle in der Schule gelernt haben, gab es in der Steinzeit Jäger und Sammler. Wie unschwer zu erkennen ist, spielten im Stammbaum von Herrn Dr. Müller-Velten Jäger und Fischer bzw. Angler eindeutig eine dominante Rolle.

Das Bild entstand, als er sich wenige Jahre nach seiner Versetzung in den Ruhestand von einer Phase mit gesundheitlichen Problemen erholt hatte. Er verschickte das Bild an alle, die mit ihm gelitten hatten, als Zeichen dafür, dass er wieder ganz der Alte war. Es zeigt einen naturverbundenen Menschen, der sich seiner Verantwortung – in diesem Fall dem getöteten Tier gegenüber – stets bewusst war. Wer je seiner Beschreibung der korrekten Zubereitung eines erlegten ‚Acht-Stunden-Rehs“, das über lange Zeit auf niedriger Temperatur gebraten wurde, lauschen durfte, war sich auch sicher, dass er es mit einem Menschen zu tun hatte, der es verstand zu genießen.

Ein idealer Schulleiter

Die Kombination dieser beiden Facetten machte ihn zum idealen Schulleiter. Er war immer bereit, Verantwortung zu übernehmen, nützte den Gestaltungsspielraum zur Verwirklichung seiner Ziele und scheute nie davor zurück, sich offen vorgetragener Kritik auszusetzen. Er hat diejenigen, die nicht seiner Meinung waren und das im ehrlichen Diskurs äußerten, stets geschätzt und ihnen nie etwas nachgetragen – ganz im Gegenteil. Lange bevor Schulleiter und Schulleiterinnen in Kursen der Dillinger Akademie in Modulen zur Gesprächskultur an Schulen auf ihre Rolle vorbereitet wurden, lebte er in absolut authentischer Weise vor, wie man zielführend einen offenen Diskurs führt, in dem alle Gesprächspartner Wertschätzung erfahren.

Fördern von Talenten

Auch am Salvatorplatz in München sprach es sich herum, dass das Kaspar-Zeuß-Gymnasium einen außergewöhnlichen Schulleiter hatte. Als es in Kulmbach an einem Gymnasium zu Problemen kam, hätte man ihn gern als Troubleshooter dorthin versetzt, aber er wusste, was er am Kaspar-Zeuß-Gymnasium und an Kronach hatte, und weigerte sich, die Leitung seiner Schule in andere Hände zu geben. Das Ergebnis war, dass er über einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum hinweg zwei Gymnasien gleichzeitig leitete. Er konnte das tun, weil er das Kaspar-Zeuß-Gymnasium während seiner dienstlich bedingten Abwesenheit bei Stellvertreter und Mitarbeiter in guten Händen wusste. Eines seiner herausragenden Talente war nämlich das Erkennen und Fördern des Potenzials seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das hier explizit auch Mitarbeiterinnen genannt werden, ist nicht nur dem Zeitgeist geschuldet, der das ‚Gendern‘ erfordert. Er schätzte starke Frauenpersönlichkeiten. Seine Frau ist das beste Beispiel. Dass seine Heidi ihm in jeder Beziehung völlig ebenbürtig war, machte ihn stolz. Wenn er den Fuß einer Lehrkraft mit Potenzial auf die nächste Sprosse der Karriereleiter setzen konnte, erfüllte ihn das mit Freude. Stets hielt er den Kontakt mit seinen ‚Schützlingen‘, stand ihnen mit Rat und Tat zur Seite.

Zahlreiche Spuren

Manch eine Führungspersönlichkeit mit ähnlichen Talenten scheint nach dem Motto „Du sollst keine Götter neben mir haben.“ zu agieren. Dr. Müller-Velten war anders: Er gab anderen Raum und diente damit dem Ganzen. Es ist kein Zufall, dass das von Hans-Jürgen Schmitt und Günter Fehn initiierte Pädagogische Seminar am Kaspar-Zeuß-Gymnasium florierte. Es ist kein Zufall, dass die Theatertradition am Kaspar-Zeuß-Gymnasium bis zum heutigen Tag hochgehalten wird – mit Auswirkungen zum Teil weit über die Schule hinaus. Madrigalchor, Kinderopern, Dance Street – all das zeichnete und zeichnet die Schule aus. Zu verdanken haben wir das Lehrerpersönlichkeiten wie Dr. Lederer, Hans-Dieter Klinger, Horst Pfadenhauer, Rainer Gräbner, Martin Rohde, Petra Mahr-Richter und vielen anderen mehr. Die Klammer über all dem bildete aber immer der Enabler Dr. Hansjörg Müller-Velten.

Wir sind traurig, dass er gegangen ist, aber wir sind dankbar, dass wir ihn hatten – von 1986 – 2002 als Schulleiter und mit uns verbunden bis zu seinem Tod. DANKE!

Renate Leive, Schulleiterin

 

Die Neue Presse hat einen ausführlichen Artikel zum Tod von OStD Hans-Jörg Müller-Velten verfasst. Hier der Link: zum Artikel (27.4.2021) der Neuen Presse „Kronachs ewiger Direktor“, verfasst von Christian Kreuzer

 

 

Nachruf der KZG-Schulfamilie

 

 

Die Fahnen des KZG auf Halbmast

 

Hier einige Bilder von seiner Verabschiedung im Jahr 2002 durch die Schulfamilie des KZG: