Nikola Huppertz liest aus ihrem Roman „Schön wie die Acht“

Jeder hat Zahlen, die er besonders mag. Zum Beispiel eine Zahl aus dem eigenen Geburtsdatum oder die, welche die Anzahl aller Familienmitglieder angibt. Malte, die Hauptfigur aus Nikola Huppertz Roman, hat auch eine Lieblingszahl. Wie es der Titel des Romans schon verrät, ist es die Acht. Doch Malte hat für seine Zahlenvorliebe keine einfachen Erklärungen. Für ihn ist die Acht „perfekt“: „Man kann sie an zwei Symmetrieachsen spiegeln und sie hat nicht diese ganzen Häkchen wie die anderen Zahlen. Und wenn man sie auf die Seite legt, bedeutet sie Unendlichkeit.“
Wie diese Erläuterungen schon erahnen lassen, begegnet uns beim Lesen des Romans mit Malte ein kleines Mathegenie. Da Mathematikliebhaber in der Literatur viel zu unterrepräsentiert seien, so erklärte Nikola Huppertz bei ihrer unterhaltsamen Lesung in unserer Studiobühne den Sechstklässlerinnen und Sechstklässlern, habe sie unbedingt einen Charakter erschaffen wollen, der sich für Mathematik begeistere, weil er deren Logik und Ordnung liebe. So steht Maltes Leben zu Beginn der Geschichte auch ganz im Zeichen der Mathematik, denn er trainiert für die Matheolympiade, die er unbedingt gewinnen will und für die er sich als Einziger an seiner Schule qualifiziert hat.
Doch dann zieht seine siebzehnjährige Halbschwester für ein paar Wochen bei ihm zuhause ein, die ihm unangenehme Wahrheiten aus seiner Familiengeschichte offenbart, und seine strukturierte, geordnete Welt droht aus den Fugen zu geraten. Außerdem taucht plötzlich eine Konkurrentin in seiner Mathe-AG auf, die ihm nicht nur das Wasser reichen kann, sondern auch „schön wie die Acht“ ist. Und auf einmal merkt Malte, dass es Dinge im Leben gibt, die sich der Logik entziehen und die man ausgerechnet mit einer Art von Sprache viel besser ausdrücken kann, die ihm bisher verhasst war: mit der Sprache von Gedichten. Das Aufeinanderprallen von Mathematik und Lyrik verknüpft mit den Problemen einer Patchwork-Familie macht den Reiz des Romans von Nikola Huppertz aus, der sich auch in den zahlreichen Fragen der Schülerinnen und Schülern an die Autorin nach der Lesung widerspiegelte. Diese erkundigten sich vor allem darüber, wie Nikola Huppertz auf die Ideen zu ihren Romanen komme. Durch die offenen und ausführlichen Antworten der Autorin erhielten die Sechstklässlerinnen und Sechstklässler in der zweistündigen Veranstaltung nicht nur Lesekostproben aus dem Roman, sondern auch einen vielschichtigen Einblick in das Leben und Arbeiten einer Schriftstellerin.

Susanne Posekardt